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Systemische Lösungen
Familien-Stellen nach Bert Hellinger

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Was mit Wenigem getan werden kann,
muß nicht mit Vielem getan werden


 Matthias Claudius
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Artikel von und über Bert Hellinger

Das Familien-Stellen: eine Standortbestimmung (Mai 2003)

Von Bert Hellinger

Die Methode

Das Familien-Stellen ist zunächst einmal eine Methode. Sie hat sich aus dem Psychodrama, der Gruppendynamik und der Gestalttherapie entwickelt. In der von mir angewandten Form besteht sie in nichts anderem, als dass jemand für Mitglieder aus seiner Familie Stellvertreter auswählt und diese gesammelt in Beziehung zueinander stellt. So jedenfalls war es am Anfang. Wir wollten nur sehen, was zeigt sich über die Beziehungen in einer Familie, wenn man sie durch Stellvertreter aufstellt, unabhängig von bestimmten Zielen. Das Familien-Stellen war also am Anfang zielneutral.

Die Anwendungsbereiche

Das Familien-Stellen war auch nicht auf die Familie beschränkt, denn auf gleiche Weise haben wir die Mitglieder anderer Systeme in einer Aufstellung in Beziehung zueinander gebracht, um zu sehen, wie sie in diesem System zueinander stehen. Zum Beispiel in einer Paarbeziehung oder in einer Arbeitsgruppe oder in einer Organisation oder im pädagogischen Bereich wie in einer Klasse die Beziehung der Lehrer zu ihren Schülern und deren Eltern war.

Wir haben dann die Aufstellungen auch erweitert, indem wir zum Beispiel in einer Organisationsaufstellung einen Vertreter der Kunden oder des Produktes hinzugenommen haben oder in einer Paarbeziehung Stellvertreter für die Herkunftsländer, wenn die Partner aus verschiedenen Ländern kamen, oder in einer Arbeitsgruppe die verschiedenen Zielen, um deren Einfluss auf die Gruppe sichtbar zu machen.

Mit anderen Worten, man kann in der Aufstellungsarbeit die gleichen Karten für verschiedene Spiele verwenden und sie entsprechend mischen. Deswegen lässt sich das Familien-Stellen auch nicht einer bestimmten Interessensgruppe zuordnen. Es ist eine Methode, die in unterschiedlichen Bereichen angewandt werden kann, ohne dass der eine sie für sich allein beanspruchen kann und in die anderen Bereiche kontrollierend eingreifen darf.

Wozu dient eine Aufstellung

Die Frage ist natürlich: Wozu dient eine solche Aufstellung? Was ist ihr besonderer Wert. Das erstaunliche bei einer Aufstellung ist, dass die Stellvertreter, sobald sie aufgestellt sind, eine andere Wahrnehmung haben. Sie fühlen plötzlich wie die Personen, die sie vertreten, ohne diese zu kennen. Die Aufstellung bringt also über die Stellvertreter etwas bisher Verborgenes ans Licht, das nicht durch Manipulation oder Hintergrundwissen erklärt werden kann. Es ist ein Phänomen, das zwar nachprüfbar ist, aber philosophisch oder psychologisch nicht erklärt werden kann. Dennoch es ist eine Tatsache.

Diese Tatsache kann man nun nutzen, um durch eine Aufstellung ein Problem ans Licht zu bringen und andererseits, um durch Umstellungen in der Aufstellung herauszufinden, auf welche Weise dieses Problem zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst werden kann. Die Aufstellungen dienen also einer Lösung auf der Beziehungsebene.

Psychotherapie und Medizin

Ursprünglich ging es darum, eine Lösung bei Konflikten zu finden, zum Beispiel zwischen Partnern oder zwischen Eltern und Kindern. Sehr bald hat sich aber herausgestellt, dass viele Krankheiten mit Beziehungskonflikten zusammenhängen und dass die Lösung eines Beziehungskonfliktes sich auch auf die Krankheit mildernd oder heilend auswirken kann. Auf diese Weise wurde das Familien-Stellen auch für die Psychotherapie und für die Medizin interessant, obwohl es vom Ursprung her keine psychotherapeutische oder medizinische Methode war. Deswegen wurde es ja und wird es zum Teil auch heute noch von vielen Psychotherapeuten abgelehnt als nicht zur Psychotherapie gehörig. Diese Ablehnung hat vor allem damit zu tun, dass es beim Familien-Stellen keine therapeutische Beziehung im klassischen Sinn gibt.

Auch wenn das Familien-Stellen offensichtlich bei vielen psychotherapeutischen oder medizinischen Problemen hilft, ist es deswegen noch keine Psychotherapie oder Krankenbehandlung. Sonst müsste man auch andere Maßnahmen die seelisch oder körperlich helfen, obwohl sie nichts mit Psychotherapie oder Medizin zu tun haben der Psychotherapie oder der Medizin unterordnen, obwohl es dazu weder einen Psychotherapeuten noch einen Arzt braucht. Zum Beispiel ein Urlaub oder eine freundliche mitmenschliche Beziehung. Umgekehrt kann man ja auch sehen, dass viele Verhaltensweisen anderen sowohl seelisch als auch körperlich schaden, ohne dass jene, die sie zeigen, dafür zur Rechenschaft gezogen werden, selbst wenn sie Psychotherapeuten oder Ärzte sind.

Angewandte Philosophie

Inzwischen aber haben sich durch das Familien-Stellen überraschende neue Einsichten in die Ordnungen menschlichen Zusammenlebens ergeben und in das Zusammenspiel von Gesundheit und Krankheit und von Glück und Unglück, Unschuld und Schuld. Handeln und Nicht-Handeln, Absicht und Absichtslosigkeit, Abhängigkeit und Freiheit und den Einfluss vergangener Schicksale auf die Gegenwart.

Diese Einsichten ergaben sich vor allem durch die Anwendung der Methoden der phänomenologischen Philosophie und sind daher auch eher der Philosophie als der Psychologie oder der Psychotherapie zuzuordnen. Deswegen ist das Familien-Stellen in seiner voll entwickelten Form in erster Linie angewandte Philosophie und setzt die Erfahrung mit der phänomenologischen Vorgehensweise voraus.

Die Beziehungsebene

Natürlich kann niemand etwas dagegen haben, wenn das Familien-Stellen innerhalb der Psychotherapie angewandt wird oder bei der Krankenbehandlung, wie zum Beispiel von der Österreichischen psychoonkologischen Gesellschaft, für die ich in mehreren von ihr veranstalteten großen Workshops in der Arbeit mit Krebskranken gezeigt habe, wie diese Krankheit oft mit Schicksalsbindungen an die Familie zusammenhängt. Dabei wurde aber klar, dass das Familien-Stellen in keiner Weise das ärztliche Behandeln ersetzt oder sich auch nur neben es gestellt hat. Das Familien-Stellen hat sich auf das Sichtbarmachen der Verstrickungen und auf ihre Lösung, wo noch möglich, beschränkt. Sie hat dadurch das ärztliche Handeln unterstützt, ohne in es einzugreifen. Es blieb rein auf der Beziehungsebene. Es war nicht einmal Psychotherapie, obwohl es in den Seelen weitreichende Wirkungen hatte.

Denn es gab auch hier keine therapeutische Beziehung und keine therapeutische Behandlung. Es wurde nur durch die Aufstellung etwas ans Licht gebracht, das dadurch, dass es am Licht war gewirkt hat. Es war auch nicht der Aufsteller, der es ans Licht gebracht hat, sondern die Aufstellung, die vom Klienten ausging und daher auch allein in seiner Verantwortung lag.

Ich habe das hier so ausführlich dargelegt, weil es diesbezüglich viele Missverständnisse gibt und von daher vielen Aufstellern der Vorwurf gemacht wird, sie würden sich etwas anmaßen, was nur Heilpraktikern und den klassischen ärztlichen Berufsbildern vorbehalten ist. Umgekehrt dürfen natürlich die Vertreter der Heilberufe das Familien-Stellen nicht für sich reklamieren und es sich vorbehalten, als sei es von ihnen ausgegangen und von ihnen für ihren Bereich entwickelt worden. Das Familien-Stellen war ursprünglich zielneutral, kann nun für verschiedene Ziele eingesetzt werden und unterscheidet sich daher auch je nach den Zielen, für die es benutzt wird.

Mein Standort

Wo stehe ich im Familien-Stellen? Wo ist hier mein Standort? So wie die Philosophie über den Einzelwissenschaften steht, ihnen dient ohne sich einer unterzuordnen, so bleibe ich vor allem ein Philosoph. Mir geht es um die Weisheit, um Einsichten, die dem Leben dienen. Viele dieser Einsichten wurden über das Familien-Stellen und die phänomenologische Vorgehensweise gewonnen. Diese Einsichten sind nachprüfbar und wirken durch sich selbst. Daher lassen sie den anderen auch frei.